Wenn ich mir anschaue, was mit meiner Muttersprache in meinem Vaterland passiert, komme ich schon mal ins Grübeln.
Bei einer Reportage über Schule begegnete mir jüngst das schöne Wort „Lehrer:innenzimmer“. Das hat mich spontan zum nachdenken gebracht: Das hat zur logischen Konsequenz, dass sich im Nebenraum die Schüler:innensprecher:innen zur Versammlung treffen, bzw. auf Gemeindeebene die Bürger:innenmeister:innen und ganz zu schweigen von Minster:innenpräsident:innen, die sich im Bundesrat versammeln. Für das Wohl der Bürger sind ja nicht gleich die Innenminister:innen zuständig, unsere Probleme lösen ja oft schon die Kund:innenberater:innen.
Auch das Zimmermädchen ist mittlerweile emanzipiert und zimmert neben dem Zimmermann als Zimmerfrau auf der selben Baustelle. Die Feldwebelin und die Feuerwehrfrau sind auch nichts besonderes mehr. Was aber, wenn in der Wirtschaft eine Wirtin schafft oder gar ausschließlich Frauen die Mannschaft stellen?
„Raucher:innen nutzen zum rauchen bitte den Raucher:innenbereich im Außenbereich und den Innenhof.“ Oder – lai:innenhaft gefragt – spricht man hier für besseres Verständnis gender-inklusiv die Rauchenden an? Spätestens die Autokorrektur unserer digitalen Endgeräte bringt uns regelmäßig zum Verzweifeln.
Da sind doch die Sprachen gesegnet, die kein grammatikalisches Geschlecht kennen. Dazu gehört beispielsweise die englische Sprache. Aber auch im Türkischen wird meines Wissens nicht zwischen männlichen und weiblichen Substantiven unterschieden. Ob diese Tatsache in den entsprechenden Ländern aber wesentlich zur Gleichberechtigung von Frau und Mann beträgt, ist mir nicht bekannt.
Immerhin hat die neue Praxis doch dazu geführt, dass wir ganz neue, meist weibliche Spezies wie Vereinsmitglieder:innen oder Angestellt:innen in unserer heterogenen Gesellschaft willkommen heißen dürfen.
Mit typografischem Anspruch einen lesbaren und gegenderten Text zu setzen ist eine echte Herausforderung bei der Häufung dieser Wortungetüme inklusive Sonderzeichen, die einen vernünftigen Umbruch und gefälligen Lesefluss nahezu unmöglich machen.
Am Ende stellt sich aber die Frage, was uns und vor allem den Frauen der Schöpfung das sprachliche Gendern nutz, wenn die Saubermänner in den Vorständ:innenetagen und Führungspositionen nach wie vor in der ganz großen Überzahl sind und am Monatsende nach wie vor zwanzig Prozent mehr Gehalt auf dem Konto haben. Das ist doch die wahre Diskriminierung und hier sollten wir ansetzen!